Auf dem Weg zur Fahrradstadt braucht es mehr als Infrastruktur

Darüber, was gute Radinfrastruktur ist, wird ja immer noch gern gestritten. Eine Studie der OECD legt nahe, dass ein Hauptrisiko darin besteht, dass Rad- und motorisierter Verkehr nicht (ausreichend) voneinander getrennt sind (s. Grafik). Das schießt etwas zu kurz. Der Erfolg der niederländischen und dänischen Radpolitik besteht auch in einem mentalen Unterschied: Für die Radfahrenden werden nicht nur Radwege und Parkhäuser gebaut, sondern dem Radverkehr wird, zumindest innerorts, auch eindeutig Priorität zugebilligt. Radfahrerinnen und Radfahrer sind dort nicht den „eigentlichen“ Verkehr Störende und bloß Geduldete, sondern genießen Vorrang.

Dies zeigt sich an vielen Details: an vorgezogenen Wartezonen an Kreuzungen, beim früher gegebenen Grün an Ampeln, an Radwegen, die nicht bei jeder Einmündung und Ausfahrt unterbrochen werden. Außerdem an Tempolimits, einer generellen Reduzierung des motorisierten Verkehrs durch Pendlermaut und Fahrverbote, Rückbau von Parkplätzen, dem Sanktionieren von Fehlverhalten auch auf Seiten der Motorisierten. Wenn die Einhaltung der Regeln nicht kontrolliert wird und das Verstoßen gegen sie nichts kostet, nützt auch die beste Radinfrastruktur nichts. Dann stehen auf den Radwegen ebenso wie in Ausfahrten Autos und wird an Straßeneinmündungen und Kreuzungen von ihnen die Sicht versperrt. Dann fahren die 40-Tonner durch die Spielstraße, und die Lieferwagen überholen mit gerade mal fingerbreitem Abstand.

Letztlich ist der Umbau einer Stadt zur Fahrradstadt nur durch eine Parallelaktion möglich: den Ausbau einer modernen – das heißt auch in die Zukunft gedachten (Lastenräder!) – Infrastruktur und der deutlichen Reduzierung des motorisierten Verkehrs. Flankiert werden müssen diese Maßnahmen von einem gut funktionierenden und kostengünstigen bzw. kostenlosen ÖPNV und ausreichend Platz und Komfort auch für Fußgänger*innen.

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