Schnellfahren – ein Kavaliersdelikt, Fahrlässigkeit oder Mord?

In der „Zeit“ vom 8. Dezember 2016 findet sich im Dossier eine lange Recherche zu dem illegalen Autorennen auf dem Ku’damm in der Nacht zum 1. Februar 2016, bei dem der Fahrer einer der beiden beteiligten Wagen in einen von rechts kommenden Jeep raste und dessen Fahrer tötete.
Am Ende des langen Artikels wird danach gefragt, ob die illegalen Autorennen, die nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Städten und auf Landstraßen immer wieder stattfinden, nicht auch darauf zurückzuführen sind, dass Geschwindigkeitsübertretungen in Deutschland noch immer als Kavaliersdelikt gelten – und nicht als gemeingefährliches Verhalten. Und die Verkehrspsychologin Birgit Kaulbach wird zitiert: Illegale Autorennen seien in Deutschland nur die Spitze eines Eisbergs. „Die sehr kleine Spitze eines sehr großen Eisbergs.“

Hier noch ein paar Zitate aus dem Artikel:

„Die modernen Autos, sagt Kaulbach, sorgten für einen Verlust des Geschwindigkeitsempfindens: Für den Fahrer mache es keinen Unterschied mehr, ob er 50 km/h fahre oder 70, es fühle sich gleich an. Dieser Unterschied aber kann über Leben und Tod entscheiden.
(…)
Ein Auto, das mit 50 km/h durch die Stadt fährt, hat inklusive Reaktionszeit des Fahrers einen Bremsweg von etwa 25 Metern. Fährt dasselbe Auto mit 70 km/h, beträgt die Geschwindigkeit nach 25 Metern noch 60 km/h.
Das bedeutet: Bremst der Fahrer für einen 25 Meter entfernten Fußgänger, kommt er bei Einhaltung des Tempolimits rechtzeitig zum Stehen. Fährt er nur 20 km/h zu schnell, ist der Fußgänger mit hoher Wahrscheinlichkeit tot.
(…)
Während in anderen Ländern Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 20 km/h in der Stadt mit Bußgeldern von mehreren Hundert Euro und zeitweiligem Führerscheinentzug geahndet werden, während in der Schweiz der Tatbestand des Rasens mit einjähriger Haft bestraft wird, kommt man in Deutschland nicht selten mit 80 Euro und einem Punkt in der Verkehrssünderkartei in Flensburg davon.
(…)
In ganz Europa ist Deutschland das einzige Land, in dem auf den Autobahnen kein generelles Tempolimit gilt.“
(Quelle: DIE ZEIT, Dossier, 08.12.2016, Seiten 15-17, hier Seite 17)

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