Juten Tach, ich bin … Katharina

Katharina, oder auch kurz Katha, lebt in Pankow. Die Sozialarbeiterin ist eigentlich täglich mit ihrem Rad unterwegs, weshalb sie auch nicht darauf verzichten möchte. Einer ihrer großen Wünsche ist, dass Mahnwachen und Geisterräder der Vergangenheit angehören, aber nun lest selbst…

Wie oft bist Du im Alltag mit dem Rad unterwegs?

In der Regel bin ich mindestens 2x täglich mit dem Rad unterwegs. Ich absolviere alle Wege im Alltag per Rad. Sehr selten und auch widerwillig bin ich als Beifahrerin anzutreffen.Das Radfahren ist ein wesentlicher Bestandteil in meinem Leben.
Ich habe kein Auto und fahre auch nicht mit den „Öffis“. Ich könnte auf vieles verzichten, aber nicht auf das Radfahren. Radfahren hält mich in Bewegung, macht mich glücklich, entspannt mich, gibt mir Freiheit, Flexibilität und wirkt ausgleichend.
Ich bin so gut wie nie erkältet, da mich die unterschiedlichen Wetterverhältnisse widerstandsfähiger machen. Ich fahre aus tiefster Überzeugung Rad. Die Höchststrafe für mich wäre ein Radfahrverbot.

Mit welchem Rad fährst Du am liebsten?

Aktuell fahre ich am liebsten mit dem Singlespeed. Es fährt sich leicht, schnell und wendig. Zum Einkaufen nehme ich zwischendurch mein Rad mit dem Gepäckträger.

Wann war Deine erste Critical Mass? Was empfandest Du dabei und wie bist Du darauf aufmerksam geworden?

Wenn ich mich richtig erinnere, bin ich das erste Mal vor ca. 2- 3 Jahren mitgefahren. Es war natürlich ein besonderes Erlebnis, mit vielen Menschen gemeinsam die Straße für einige Stunden „erobern“ zu dürfen und ein Zeichen als radfahrende Masse zu setzten. Wahrscheinlich wurden in meinem Körper extrem viele Endorphine produziert.
Auf die CM bin ich über Facebook aufmerksam geworden.

Fährst Du regelmäßig mit?

Ja, so gut wie immer.
Den Abend halte ich mir extra frei, was teilweise leider in meinem Umfeld nicht immer nachvollziehbar ist und hin und wieder sogar auf Unverständnis stößt.

Was ist Deine Intention an der Critical Mass teilzunehmen?

Durch die Präsenz der CM für die Akzeptanz des Radverkehrs zu kämpfen, also politisch ein Zeichen zu setzen. Ich möchte, dass Radfahrer*innen mehr wahrgenommen werden, dass verinnerlicht wird, dass der Radverkehr zum Verkehr gehört. Wir haben das Recht gleichwertig die Straße nutzen zu dürfen.
Das gemeinsame Radfahren macht sichtbarer, stärker und natürlich auch viel Spaß.
Ich hoffe, dass sich zukünftig immer mehr Menschen für das Radfahren begeistern können und die CM den Radverkehr vorantreibt.
Mittlerweile freue ich mich auch über den Kern derer, die immer dabei sind, die ich dort regelmäßig treffe.

Was ist Deiner Meinung nach besonders positiv an der Critical Mass und dadurch extra erwähnenswert?

Besonders schön ist es, so entspannt gemeinsam auf der Straße zu fahren ohne vom motorisierten Verkehr gefährdet zu werden.
Erfreulich ist auch, dass die CM immer zuverlässig stattfindet, da wir mittlerweile so viele sind. Der Austausch untereinander ist für mich wertvoll und wichtig. Es tut gut, gleichgesinnten und trotzdem auch sehr unterschiedlichen Menschen aus verschiedenen sozialen Systemen, von jung bis älter, begegnen zu können. Auch lerne ich Menschen, mit denen ich sonst wahrscheinlich eher weniger zu tun hätte, weil ich im Alltag keine Berührungspunkte habe, kennen.
Ich kann Radfahren, mich dabei flexibel unterhalten oder auch eher allein in der Masse fahren und/oder der Musik eines Soundbikes folgen.

Gibt es auch negative Aspekte, die Du uns mitteilen möchtest?

Bereichernd wäre es noch, wenn der Frauenanteil, der meines Erachtens nach geringer ist, sich erhöhen würde. Negativ sind auch einige Pöbeleien von Autofahrer*innen, die gelegentlich mal auftreten.

Wie stellst Du Dir das Radfahren in der Stadt der Zukunft vor? Was wünschst und erhoffst Du Dir hierfür?

Ich träume oft von einer Stadt mit eigenen breiten Radstraßen oder Radbahnen, so dass alle geschützt und auch ohne gefühlte Gehirnerschütterung und ohne fahrende „Blechgefahren“ Radfahren können. Das Radfahren in einer Stadt der Zukunft sollte möglich sein ohne jeden Tag zig Mal fast von einem Auto angefahren zu werden, ohne ständig abbremsen zu müssen, weil ein*e Autofahrer*in mich nicht wahrgenommen oder sogar bedrängt hat. Die herrschende egoistische Haltung vieler Verkehrsteilnehmer*innen sollte in einer Radfahrstadt nicht mehr vorherrschen.
Eine Stadt der Zukunft sollte vorrangig auf den motorisierten Verkehr verzichten können. Somit wäre auch der Wegfall des immer wiederkehrenden Einsatzes des Autos als Waffe gegen ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen realisierbar. Das klingt zwar hart. Ich empfinde es so, bzw. musste ich diese Erfahrung bereits einige, wenn auch wenige Male machen.
Nur ein sehr geringer Anteil des motorisierten Verkehrs wie Busse, Krankenwagen, Feuerwehr etc. sollten genehmigt werden. Wir könnten atmen ohne Abgase, lüften ohne Benzingeruch. Ein tägliches „Hupkonzert“ wie es z.B. in meiner Wohnstraße stattfindet, weil die Straße für zwei entgegen kommende Autos zu eng ist, wäre hinfällig. Eine Stadt der Zukunft zum Radfahren bietet viel mehr Schutz, führt zu gegenseitiger Rücksicht und Akzeptanz und bietet politischen Rückhalt durch eine Optimierung der Rechtslage für radfahrende Menschen.
Die Stadt sollte voll und ganz für den Radverkehr konzipiert worden sein. Dazu gehören auch bewachte Radparkhäuser in der ganzen Stadt. In öffentlichen Gebäuden und bei der Arbeitsstelle sollten Umkleidekabinen und Trockenräume für nasse Radkleidung zur Verfügung stehen.
Eine Stadt der Zukunft muss so konstruiert werden, dass Mahnwachen nie wieder stattfinden müssen und niemand mehr Angst haben muss sich mit dem Rad fortzubewegen. Radfahren sollte die Norm werden können. Für die, die nicht Radfahren können, müssen die öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut werden.
In der Stadt der Zukunft sollte Radfahren aufgrund der geschaffenen Voraussetzungen die optimale Fortbewegungsmöglichkeit darstellen. Der motorisierte Verkehr sollte zu ca. 80% in Radverkehr umgewandelt worden sein. In einer sog. Radfahrstadt wäre viel mehr freie Fläche, da die zahlreichen parkenden Autos wegfallen würden. Diese könnte sinnvoller genutzt werden, z.B. für Begrünung, Parkhäuser für den Radverkehr, etc..
Ja, ich weiß das sind große Wünsche und Vorstellungen. Hätte ich die Möglichkeit und die notwendigen Mittel, dann würde ich diese Stadt bauen. Punkt.

 

Kommentar verfassen